
Die Narren übernehmen – Fasnacht am Bodensee
Einst sollten die altehrwürdigen Masken und der Klang der Fanfaren den langen Winter vertreiben. Heute ist die Fasnacht einer der Höhepunkte der Winterzeit, bei dem Jahrhunderte altes Brauchtum jedes Jahr aufs Neue zum Leben erweckt und rauschend gefeiert wird.
Konstanz: “Ho Narro!”
“Ho Narro!“ schallt es während der Fasnachtszeit durch Konstanz, wenn sich ab 6. Januar die Narren untereinander grüßen. Mit dem Butzenlauf, einer der ältesten Fasnachtstraditionen Süddeutschlands, übernehmen die Narren für die kommenden Tage das Regiment in der größten Stadt am See. Am Hemdglonker (Schmotziger Dunschtig) ziehen die in weißen Nachthemden gekleideten Umzugsteilnehmer singend und lärmend durch die Gassen. Ein weiterer Höhepunkt der Konstanzer Fasnacht ist der Sonntagsumzug durch die historische Innenstadt.
Hänselejuck und Narrengericht

In Stockach, nordwestlich von Überlingen, tagt am Schmotzigen Dunschtig das traditionsreiche „Hohe Grobgünstige Narrengericht zu Stockach“. Personen des öffentlichen Lebens, darunter häufig Landes- oder Bundespolitiker müssen vor dem närrischen Rügegericht die bissige Rede des Klägers über sich ergehen lassen.
Mittelalterliche Schreier und Hexen in Oberschwaben

Besonders beeindruckend ist der Hexentanz der Schrättele von Bad Waldsee, die um Mitternacht den Beginn des Schmotzigen Dunschtig mit einem Tanz um ein großes Feuer einläuten. In Bad Saulgau ist der Fasnachtsfreitag (17.02.2023) den Kindern gewidmet, die sich traditionell verkleiden und das Gesicht mit Kohle schwärzen, um sich bei einem großen Ball mit Spielen, Süßigkeiten und anderen Leckereien zu vergnügen.
Fasnacht in St. Gallen, Liechtenstein und Vorarlberg

Wer Masken und Umzüge im nahe gelegenen Fürstentum Liechtenstein sucht, der wird im Dorf Schaan fündig, wo die Fasnacht besonders populär ist. Am letzten Fasnachtsabend wird mit großen Lagerfeuern, Hexenverbrennungen und Klageliedern das Ende des närrischen Treibens gefeiert. In Voralberg werden die Feuer erst am ersten Fastensonntag angezündet. Bei Einbruch der Dunkelheit wird eine Stoffpuppe an einem Holzpfahl verbrannt.
Ermatingen feiert die letzte Fasnacht der Welt
Das Fischerdorf Ermatingen im Thugau feiert die sogenannte Groppenfasnacht bis zum vierten Sonntag der Fastenzeit. Der Überlieferung nach fand Papst Johannes XXII während des Konzils von Konstanz Zuflucht in Ermatingen und wurde mit gebackenen Groppen, kleinen Raubfischen, verköstigt. Dafür belohnte er die Einwohner indem sie die "letzte Fasnacht der Welt" feiern konnten, während anderswo bereits Buße auferlegt war. Das Wahrzeichen der Groppenfasnacht in Ermatingen ist der Gropp, ein riesiger Fisch aus Pappmasche, der bei keinem Umzug fehlen darf.
Schlemmen vor der Fastenzeit
Bevor die Fastenzeit beginnt, darf in der närrischen Zeit nochmals geschlemmt werden. Mit Zucker bestreute Fasnachtsküchle und mit Aprikosenmarmelade gefüllte Krapfen sind typische Fasnachtsleckereien. In jedem der vier Ländern rund um den See werden zudem regionaltypische Speisen angeboten: in der Schweiz ist das Käsefondue ein absolutes Muss, in St. Gallen die Bratwurst. Das Nationalgericht des Fürstentums Liechtenstein sind Käsknöpfle mit Zwiebeln und Apfelkompott serviert. Diese sind auch in Vorarlberg sehr beliebt. Dort gibt es zudem hervorragende Süßigkeiten: von Schokolade mit Nüssen und Äpfeln bis zum Voralberger Riebel, ein Gericht aus Mais, Milch, Butter und Zucker. In Konstanz und in Oberschwaben muss man unbedingt die Dünnele / Dinnete probieren, ein Flammkuchen mit Zwiebeln, Speck und Schnittlauch.
Nähere Informationen:
www.bodensee.eu
Ein Fasnachts- & Faschingstipp des 55PLUS-magazin.net.
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