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Kampo-Medizin: Heilen auf Japanisch

Die japanische Variante der Traditionellen Chinesischen Medizin ist stärker an westliche Bedürfnisse orientiert.
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Kampo? Im Duden steht das Wort nicht. Dabei ist das, was sich dahinter verbirgt, schon mehr als 1500 Jahre alt: die japanische Volksmedizin. Ursprünglich bedeutet der Begriff Kampo "Methode aus dem Hanzeitlichen China". Diese Epoche begann etwa 200 vor Christus. In China wurde damals eine sehr pragmatische, symptomorientierte Heilkunde praktiziert.

"Diese Medizin kam im fünften Jahrhundert nach Japan und hat sich dort eigenständig weiterentwickelt und verfeinert", erklärt Dr. Heidrun Reißenweber, Leiterin der Spezialambulanz für Japanische Phytotherapie (Kampo) an der Medizinischen Klinik Innenstadt der Universität München.

"Kampo ist die verschlankte, rationalisierte Form der chinesischen Medizin", sagt Reißenweber. Der TCM-Experte Rampp bestätigt: "Die Japaner übernahmen die Wurzeln der chinesischen Medizin und perfektionierten sie."

"Es ist eine chinesische Medizin, die an die Kultur und die Bedürfnisse der japanischen Bevölkerung angepasst wurde", sagt Dr. Thomas Rampp, Oberarzt und Leiter der Ambulanz für Naturheilkunde und Traditionelle Chinesische Medizin (TCM) der Kliniken Essen-Mitte.

Rational und überschaubar


55PLUS Kirschblüten / Zum Vergrößern auf das Bild klickenBei den verwendeten Kräutern gibt es viele Überschneidungen zwischen traditioneller chinesischer Medizin und Kampo. Die Vorstellung der TCM, dass die körperliche Gesundheit über Funktionskreise und Energiebahnen geregelt wird und verschiedene Körperregionen mit inneren Organen in Verbindung stehen, ist der Kampo-Medizin jedoch fremd.

Akupunktur und Massagen spielen deshalb auch nur eine Nebenrolle. Ein philosophischer Überbau fehlt – und damit auch der mystische Beigeschmack, der der chinesischen Medizin oft anhaftet.
 
Die Tendenz zur Reduzierung zeigt sich vor allem in der Auswahl und Dosierung der Pflanzenarzneien. Während die chinesische Medizin mit unzähligen unterschiedlichen Rezepturen arbeitet, beschränkt sich Kampo auf etwa 300. "Die Rezepte sind einfacher, strukturierter und systematisierter. 150 davon sind verschreibungspflichtig, werden industriell hergestellt und von den Krankenkassen bezahlt", sagt Rampp.

Blätter, Samen und Wurzeln

Eine Rezeptur enthält mindestens vier Einzelsubstanzen, das heißt Blätter, Samen, Wurzeln oder andere Pflanzenbestandteile. Beliebte Heilpflanzen sind zum Beispiel Pfingstrose, Angelika, Ingwer, Ginseng, Zimtrinde und Süßholz.

Kampo-Zubereitungen gelten in Japan als pharmazeutische Produkte und unterliegen hohen Qualitätsstandards. Die dafür verwendeten getrockneten Pflanzen kommen überwiegend aus China, Taiwan, Vietnam sowie Korea und werden intensiv auf Pestizid-Rückstände oder Schimmelbefall kontrolliert.

Ein wichtiger Unterschied zur TCM: Kampo-Medizin darf nur von ausgebildeten Medizinern praktiziert werden und ist in Japan voll in die dominierende westlich geprägte Schulmedizin integriert. Das schützt sie vor dem Ruf einer alternativen Kräuterkunde.

Quelle: Ute Essig, Apotheken Umschau / GesundheitPro 2009


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