Reichtum der Königsstadt Kutná Hora (Kuttenberg), Tschechien
Knapp eine Stunde entfernt von Prag liegt Kutná Hora. Dank der einst reichen Erzsilberstätten wurde die Stadt im Mittelalter nach Prag zur zweitwichtigsten Stadt in Böhmen. Heute wird hier kein Silber mehr gefördert, doch in der Blüte dieser ehemaligen Königsstadt bildete sich ein Zentrum mit historischen Bauten und mit der spätgotischen St. Barbara-Kirche, die heute Ziel aller Besucher ist.
Der Dom
Der Bau des Doms begann Ende des 14. Jahrhunderts und dauerte beinahe zwei Jahrhunderte. Der Dom war das Denkmal für die Bedeutung und die Macht der Bergstadt, die sich in der Mitte des 13. Jahrhunderts aus Ansiedelungen der Bergleute, nahe der reichen Silberbergwerke, entwickelt hatte. Die Erbauung des Veitsdoms auf der Prager Burg zur Zeit Karls IV. weckte den Ehrgeiz der Bürger Kuttenbergs und sie scheuten keine Mittel, ihren Dom, der der hl. Barbara geweiht ist, nach dem Vorbild französischer Kathedralen errichten zu lassen. Ganz ungewöhnlich ist die Überdachung des Doms in Form von 3 Zeltdächern, die Flammen darstellen sollten. Das äußere Strebewerk mit Fialen, Krabben und Steinblumen erinnert an Notre-Dame in Paris.
Familie Parler
Die ersten Baupläne schuf Johann Parler, ein Sohn Peter Parlers, der den Veitsdom erbaut hatte. Die Prager Bauhütte war schon früher, Anfang des 14. Jahrhunderts. in Kuttenberg mit dem Umbau der Burg betraut worden, welche als Münzamt und königliche Residenz diente. Ende des 13. Jh. hatte König Wenzel II. Münzpräger aus Florenz nach Kutna Hora berufen, die im Welschen Hof die berühmten Silbergroschen schlugen.
Die Familie Parler ist auch für Österreich interessant, da Parler am Bau vom Stephansdom in Wien ab 1396 tätig war. Die Parlers stammen aus einer aus Köln kommenden Baukünstler-, Steinmetz- und Bildhauerdynastie. Die engen künstlerischen Beziehungen zwischen dem Stephansdom und dem Veitsdom sind nachgewiesen und nicht zu übersehen.
Restaurierung & Innenausstattung
Nach der Familie Parler vollendeten weitere bedeutende Baumeister den Bau bis in das Jahr 1558. Doch die Silbergruben waren erschöpft und so fiel die Innenausstattung relativ bescheiden aus. Im Verlauf des Dreißigjährigen Krieges allerdings wurde die Kirche ausgeplündert. Die Jesuiten übernahmen im 17. Jh. die Stadt und die Verwaltung des Domes. Nach der Auflösung des Ordens übernahmen staatliche Stellen die Erhaltung bzw. Nicht-Erhaltung der Bausubstanz. Im 19. Jahrhundert entschloss man sich zur Restaurierung im neugotischen Stil. Neues entstand, so die Glasmalereien für die Fenster, ein neugotischer Hauptaltar und baufällige Elemente wurden erneuert. Der Dom wurde im Jahr 1905 neu eingeweiht und gehört zur Verwaltung der Kuttenberger Jakobskirche.
Das Innere ist eine beeindruckende riesige Hallenkirche mit reichem Netzrippengewölbe, hohen eleganten Säulen und die scheinbar schwerelose Decke wird von hellem Licht durchflutet. Kleine Kapellen und Altäre im Chorumgang waren Zünften oder Privatpersonen zugeeignet, die mehrheitlich mit den Bergwerken zu tun hatten, aber auch die Jesuiten weihten eine Kapelle dem Ordensgründer Ignaz von Loyola.
Friedhofskapelle
Touristen, die das Gruseln lernen wollen, führt man zur Friedhofkapelle nahe dem ehemaligen Zisterzienserkloster Sedlec. Die Einrichtung dieses Beinhauses besteht aus phantasievoll arrangierten Menschenknochen; sie stammen vom Klosterfriedhof, der durch die Pest und Kriege mit Leichen überbelegt war.
Ein Reise- und Kulturtipp der 55PLUS-Kunstexpertin Helga Högl.
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