
Wie überall in Westeuropa, bestimmte die katholische Kirche über viele Jahrhunderte auch die Geschicke Kemptens. Ausgehend von einem schlichten Kloster im 8. Jahrhundert entwickelte sich über die Zeit eine mächtige Fürstabtei mit einer herrschaftlichen Residenz und einer prunkvollen Basilika. Die Fürstäbte regierten absolut aber investierten in die Stadtentwicklung und förderten die Wirtschaft.

Doch mit dem wirtschaftlichen Aufschwung wuchs auch der Wille der Bevölkerung, sich dem Joch kirchlicher Herrschaft zu entziehen. Dass sich zudem Kaiser und Papst aneinander rieben, spielte den Kemptnern dabei zu. Die bürgerliche Stadt wurde reichsunmittelbar, also direkt dem Kaiser und nicht mehr dem Fürstabt unterstellt. Was die angespannte Situation nicht wirklich verbesserte, sondern den Zwist zwischen katholischem Klerus und fortan protestantischen Bürgern noch mehr anfachte. Einen unrühmlichen Höhepunkt fand die gegenseitige Abneigung im Dreißigjährigen Krieg, in dem die Stadt nahezu gänzlich verwüstetet wurde.

Der Wiederaufbau war mühsam und zeitraubend und ging nur sehr schleppend voran. Die katholische Fürstabtei war dabei anfangs erfolgreicher. Der industrielle Fortschritt brachte letztlich im 18. Jahrhundert einen enormen Wirtschaftsschub für Kempten. Zudem erhielt nun auch der katholische Stadtteil ein eigenes Stadtrecht, was dazu führte, dass es ab 1728 zwei eigenständige Städte gab, die den Namen Kempten trugen. Die Reichsstadt und die Stiftsstadt. Letztendlich beendeten die bayerischen Truppen 1802 diese Groteske, vereinigten die beiden Kempten zu einer bayerischen Stadt und verabschiedeten gleichzeitig den Fürstabt für immer.

Geblieben sind die prachtvollen Bauten der ehemaligen Stiftsstadt und Reichsstadt, die nicht nur Touristen staunen lassen, sondern auch wunderbare Kulissen für die zahlreichen Kultur- und Konzertveranstaltungen von Kempten abgeben.


Die gesamte reichhaltige Geschichte von Kempten lässt sich übrigens im einzigartigen Kempten-Museum, das im alten Handelshaus der Gebrüder Zumstein untergebracht ist, komprimiert entdecken. Nicht verstaubte, langweilige Sammlungen, sondern multimediale, interaktive Geschichtserzählungen machen das Zumstein-Haus zu einem unvergesslichen Besuch für Jung und Alt. Der Eintritt ist gratis und der Erlebniswert riesig.


Kompetente, freundliche Informationen bekommt man übrigens auch in der Tourist Information hinter dem Rathaus, wo einem Gaius Cambodunus, ein hölzerner römischer Legionär begrüßt. Kempten ist übrigens für seine gute, traditionelle Küche und das süffige Bier bekannt und beliebt. Der Besuch einer der vielen ausgezeichneten Gaststätten oder Cafés wäre ein perfekter Abschluss einer Altstadttour.

Kempten ist fürwahr ein inspirierender Ort und immer eine Städtereise wert.
JV
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