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Die Vorsorgevollmacht

Ein Tipp des Rechtsexperten des 55PLUS-magazins RA Dr. Wolfgang Punz.
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Seit 1. Juli 2007 ist das neue Sachwalterrechts-Änderungsgesetz (SWRÄG 2006) in Kraft. Nun ist es möglich, eine so genannte Vorsorgevollmacht zu errichten. Damit kann einer Person des Vertrauens Vollmacht für den Fall erteilt, dass man seine Geschäftsfähigkeit verlieren sollte. Diese ist ein Sonderfall der zivilrechtlichen Vollmacht und dient, unter anderem, der Vermeidung einer Sachwalterbestellung.

Mit der neuen Möglichkeit der Errichtung einer Vorsorgevollmacht im Zuge des SWRÄG 2006 wird dem Umstand Rechnung getragen, dass das System der Bestellung eines Sachwalters an seine Kapazitätsgrenzen gestoßen ist, es jedoch weiter Bedarf nach Schutz für immer mehr hilfebedürftige Menschen gibt. Die neue Vorsorgevollmacht als ein Modell, neben der weiterhin möglichen Sachwalterbestellung und der Angehörigenvollmacht gemäß § 284b ABGB, ermöglicht die Auslagerung der Betreuung geistig beeinträchtigter Menschen mehr in den privaten Bereich und stärkt auch die Möglichkeiten der Selbstbestimmung.

Nach dem neuen § 284 f ABGB ist das Institut der Vorsorgevollmacht eine solche, die zielgerichtet wirksam sein soll, wenn „der Vollmachtgeber die zur Besorgung der anvertrauten Angelegenheiten erforderliche Geschäftsfähigkeit oder Einsichts- und Urteilsfähigkeit oder seine Äußerungsfähigkeit verliert“. Dient sie auch dazu, die Bestellung eines Sachwalters zu vermeiden, so bezieht sie sich doch auf Fälle der Geschäftsunfähigkeit, die sonst die Sachwalterbestellung nach sich ziehen. Um von einer schlichten Vollmacht unterschieden zu werden, muss die Vorsorgevollmacht gerade unter der aufschiebenden Bedingung wirksam werden, wenn der Vorsorgefall eintritt. Dabei kann die Vorsorgevollmacht auch durchaus schon bereits früher, also vor Eintritt des Vorsorgefalles, wirksam werden; um als Vorsorgevollmacht qualifiziert zu werden, muss jedoch ausdrücklich der Fortbestand nach dem Eintritt des Vorsorgefalles durch den Vollmachtgeber angeordnet werden.

Die Vorsorgevollmacht kann sowohl einzelnen als auch mehreren Bevollmächtigten erteilt werden. Um etwaige Interessenskonflikte jedenfalls zu vermeiden, ist jedoch gesetzlich angeordnet, dass jene Personen als Bevollmächtigte ausgeschlossen sein sollen, die sich in einem Abhängigkeitsverhältnis oder in einer anderen engen Beziehung zu einer Krankenanstalt, einem Heim oder einer sonstigen Einrichtung befinden, in welcher der Vollmachtgeber betreut wird.

Die Vollmacht ist persönlich zu erteilen und kann als einfache oder als qualifizierte Vollmacht erteilt werden. Als qualifizierte Vollmacht sind die Angelegenheiten, wofür sie erteilt wird, bestimmt anzuführen. Die qualifizierte Vollmacht kann die Einwilligung in medizinische Heilbehandlungen, welche gewöhnlich mit einer schweren oder nachhaltigen Beeinträchtigung der körperlichen Unversehrtheit oder der Persönlichkeit verbunden sind, Entscheidungen über die dauerhafte Änderung des Wohnortes oder die Besorgung von Vermögensangelegenheiten, welche nicht zum ordentlichen Wirtschaftsbetrieb gehören, vorsehen.

Sowohl als einfache, als auch als qualifizierte Vollmacht, besteht Formpflicht, wobei sich die Formvorschriften an jenen für letztwillige Verfügungen orientieren. Als eigenhändige Vollmacht ist sie vom Vollmachtgeber selbst, handschriftlich zu verfassen und zu unterschreiben. Die fremdhändige Vorsorgevollmacht ist unter Beiziehung von drei Zeugen zu errichten und vom Vollmachtgeber eigenhändig zu unterschreiben. Neben diesen privaten Formen, kann die Vorsorgevollmacht natürlich auch in der Form eines Notariatsaktes errichtet werden. Vorsorgevollmachten in qualifizierter Form unterliegen strengeren Anforderungen: So müssen sie vor einem Rechtsanwalt, Notar oder bei Gericht errichtet werden und bedürfen einer Belehrung über den jederzeitigen Widerruf. Diese erhöhten Anforderungen dienen dem Übereilungsschutz des Vollmachtgebers und sollen ihm die Tragweite bewusst machen.

Die Vorsorgevollmacht kann gegenüber der Sachwalterbestellung naturgemäß nur insofern subsidiär sein, als sie für Angelegenheiten vorgesehen ist, wofür ansonsten ein Sachwalter bestellt werden würde; sind außerdem noch Angelegenheiten zu besorgen, welche per Vorsorgevollmacht nicht bedacht wurden, ist ein Sachwalter zu bestellen. Ein Sachwalter ist auch dann zu bestellen, wenn der Bevollmächtigte seine Aufgaben nicht, oder nur unzureichend besorgt. Grundsätzlich spricht aber auch generell nichts gegen die Bestellung eines Sachwalters neben der Übertragung bestimmter Angelegenheiten an einen Bevollmächtigten mittels des neuen Instituts.

Um dem Verkehrsschutz umfassend Rechnung zu tragen, kann die Vorsorgevollmacht durch einen Rechtsanwalt oder Notar beim Österr. Zentralen Vertretungsverzeichnis (ÖZW) registriert werden (vgl § 140h Abs 1 Z 2 NO). Der Vollmachtgeber erhält dann eine Bestätigung darüber ausgestellt, welche ihm zum Nachweis gegenüber Dritten dient; jedoch ist anzumerken, dass die Registrierung kein Wirksamkeitserfordernis ist.

Ein Tipp des 55PLUS-Rechtsexperten RA Dr. Wolfgang Punz.


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