
Die Mosel - per Schiff und mit dem Rad
Eine Flussfahrt, die ist lustig - eine Radreise, die ist... anstrengend.
Von Metz nach Cochem - Radfahren entlang der Mosel - © Uwe Nesemann, Wien
Die Mosel – per Schiff und mit dem Rad
Zugegeben, beim Stichwort Mosel denken die meisten erst einmal an Wein. Manche denken vielleicht an ausgedehnte Radtouren, andere erinnern sich an romantische Bootsausflüge. Aber warum die beiden nicht einfach mal verknüpfen?
Blick auf die Mosel mit Schiff - © Uwe Nesemann, Wien
Auf zwei Rädern Richtung Wein
Manchmal ist es einfach nur die Stille. Mit Blick geht auf die Mosel, das E-Bike rollt durch die Weinberge, der Himmel ist in sanftes Grau gehüllt. An beiden Ufern ziehen sich die Rebzeilen in schier endlosen Reihen bergauf. Das letzte Laub der Bäume und der Weinstöcke leuchtet in Rot-, Gelb- und Brauntönen. Und man hört – nichts. Bestenfalls das Flüstern der Reifen auf dem Asphalt. Die ganze Welt scheint mit sich im Reinen.
Mosel - Auf zwei Rädern zwischen Metz und Cochem - © Uwe Nesemann, Wien
Wir sind unterwegs in Richtung Norden, aber ist das nun eine Schiffsreise oder eine Radtour? Beides, genau genommen. Abgelegt hat unser Schiff, die „Princesse Royal“, im französischen Metz, anlegen wird sie eine gute Woche später im deutschen Cochem. Dazwischen liegen etwa 280 Kilometer, die das Schiff auf der Mosel zurücklegt, seine Passagiere aber nutzen das Fahrrad. „Boat & Bike“ nennt sich das: Übernachtet wird an Bord, tagsüber wird in die Pedale getreten, während sich die 62 Meter lange „Princesse Royal“ zum nächsten Etappenziel verholt. Der Vorteil: Man sieht viel von Land und Leuten, ist umweltfreundlich unterwegs, und das Gepäck reist an Bord mit.
Mosel - Räder auf der MS Princess Royal - © Uwe Nesemann, Wien
Aller Herren Länder
Gesprochen wird englisch, meistens jedenfalls. Keine Überraschung, wenn man sich die muntere Schar anschaut, die das Schiff für acht Tage ihr Zuhause nennt: 13 Radfahrer aus sieben Nationen, einige aus den USA, andere aus Australien, zwei Frankokanadier. Daneben sind Österreich, Deutschland, Italien und die Niederlande vertreten. Zur holländischen Crew kommt noch Ron hinzu, der Matrose von den Philippinen.
Mosel - Kajüte der Prinzesse Royal - © Uwe Nesemann, Wien
Hugo Gietelink, einer der beiden Tourguides, ist davon freilich nicht sonderlich beeindruckt. „Völlig normale Gruppe“, sagt der 62-Jährige, der in 25 Jahren bei „Boat & Bike“ gut 500 Touren geleitet hat. Deutsch gelernt hat er übrigens als junger Bursch durch das deutsche Fernsehen. „Vor allem Bonanza“, grinst er, und ergänzt: „Hoss, sattel schon mal die Pferde.“ Auch der Altersdurchschnitt unserer Gruppe sei nicht außergewöhnlich: Unter 60 ist hier keiner, einige haben die 80 schon länger hinter sich. Auf zwei Rädern aber spielt das Alter keine Rolle, dem E-Bike sei Dank.
Von Metz nach Cochem auf zwei Rädern - © Uwe Nesemann, Wien
Europäische Symbole
Die Reise selber wird zum gleichmäßigen Dahinrollen mit etlichen Höhepunkten. In Frankreich geht es entlang des friedlich schlummernden Flusses vorbei an Kormoranen, Reihern, Schwänen und Nilgänsen, die wenig Interesse an den seltsamen Gestalten auf ihren Drahteseln zeigen. Von Weinstöcken ist hier noch nichts zu sehen, dafür gibt es mahnende Kriegs-Denkmäler und rostige Zeugen einer einstmals blühenden Schwerindustrie.
Blick auf die Mosel zwischen den Weinreben - © Uwe Nesemann, Wien
Die ersten Reben kommen in Luxemburg in den Blick, kurz vor Schengen, jenem Ort, an dem europäische Geschichte geschrieben wurde. Ein interaktives Museum bringt dem Besucher dort heute den europäischen Gedanken nahe. „Alles wurde gerade erst umgebaut und neu strukturiert“, klärt Museumsdirektorin Martina Kneip auf.
Brückentor auf dem Weg von Trabern nach Trarbach - © Uwe Nesemann, Wien
Römische Spurensuche
Mehrfach wird fortan die Grenze zwischen Deutschland und Luxemburg passiert, ganz ohne Kontrollen, die Weinberge überziehen jetzt das Flussufer. Dazwischen immer wieder Spuren der Römerzeit, seien es Ruinen oder restaurierte Tempel und Wohnstätten. Ein Prachtstück ist die römische Villa in Nennig mit ihrem aus rund drei Millionen Teilen bestehenden Mosaikfußboden, der fast vollständig aus Originalfliesen besteht.
Nennig, DE - Römervilla - © Uwe Nesemann, Wien
Das Kapital des Karl Marx
Doch unser Sechs-Tage-Rennen führt nicht nur durch die weinselige Schönheit von Mutter Natur, sondern auch zu einigen sehenswerten Städtchen entlang der Route. Es gibt sogar einen Abstecher an die Saar, wo in Saarburg ein Wasserfall und viele kleine Mühlen inmitten von Saarburg bewundert werden können.
Saarburg, DE - Wasserfall - © Uwe Nesemann, Wien
Zurück an die Mosel: Neben romantischen Fachwerkhäusern in Bernkastel oder Traben-Trarbach sticht Trier heraus. Die Stadt strotzt vor Sehenswürdigkeiten wie der römischen Porta Nigra und den Thermen, dem Dom und dem barocken Bischofspalast sowie der Erinnerung an den bekanntesten Sohn der Stadt, Karl Marx. An den erinnern zwar sowohl ein Museum als auch ein Denkmal, doch besonders hochgehalten ist der Mann in seiner Heimatstadt offenkundig nicht: Sein ehemaliges Wohnhaus beherbergt heute einen Ein-Euro-Shop – der Verfasser des „Kapitals“ würde sich im Grabe umdrehen.
Trier, DE - Portra Negra - © Uwe Nesemann, Wien
Und dann geht’s noch einmal in die Antike, als sich der Tross zur Weinprobe in Zell zusammenfindet. Winzer „Fridjo“ Treis (77), Seniorchef des gleichnamigen Weinguts, erläutert: Demnach ließen sich die Römer zunächst den Wein aus Gallien bringen, aber der Weg war weit und der Durst war groß, der Schwund in den Fässern wurde von den Soldaten kurzerhand mit Wasser aufgefüllt; was den Trank aber so ungenießbar machte, dass man beschloss, einfach die Rebstöcke an die Mosel zu verfrachten und den Wein fortan vor Ort zu kultivieren.
Mosel - Princesse Royal - © Uwe Nesemann, Wien
Dann ist Cochem erreicht, wir sind am Ziel. Während die einen die Eindrücke Revue passieren lassen, bringen die Tourguides Hugo Gietelink und Meintje Janssen die Räder wieder auf Vordermann. Auf die Frage, welche ihrer vielen Touren von „Boat & Bike“ denn wohl die schönste sei, lächelt Hugo Gietelink schelmisch. „Die Mosel im Oktober“, sagt er. Gut gebrieft.
Ein Beitrag von Uwe Nesemann.
Lesen Sie auch:
Diesen Artikel teilen
Ihr Kommentar
Was meinen Sie zu diesem Artikel?
Schreiben Sie einen Kommtentar!