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Brustrekonstruktion

Wiederaufbau der Brust mittels rekonstruktiver Chirurgie.
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Brustrekonstruktion

Heutzutage ist das Thema Krebs nicht nur omnipräsent, sondern in erster Linie angstbesetzt. Wenngleich die Diagnose nicht in jedem Fall einem Todesurteil gleichkommt, verändert sie das Leben der Betroffenen mitunter dramatisch. Frauen, die an Brustkrebs (Mammakarzinom) erkranken, müssen sich nicht nur einer oftmals langwierigen Behandlung unterziehen und um ihr Leben kämpfen, sondern sind nach erfolgter Therapie unter Umständen mit gravierenden körperlichen Veränderungen konfrontiert.

Krankheitsbedingte Brustamputationen gelten zwar je nach Krebsform und Lokalisation als lebenserhaltend, belasten viele Patientinnen aber psychisch und physisch. Dank moderner rekonstruktiv-chirurgischer Maßnahmen ist es möglich, ein gesundes Körpergefühl zurückzuerlangen und neben den seelischen die offensichtlichen Narben verblassen zu lassen. 55PLUS-magazin sprach mit einer Fachärztin für Plastische, Ästhetische und Rekonstruktive Chirurgie über verschiedene Brustaufbau-Methoden.

Sonja Streit:
Was macht eine Brustrekonstruktion erforderlich bzw. was versteht man ganz allgemein darunter?

© Dr. Christine Radtke / Dr. Christine Radtke / Zum Vergrößern auf das Bild klickenDr. Christine Radtke, Fachärztin für Plastische, Ästhetische und Rekonstruktive Chirurgie:
Patientinnen, die an Brustkrebs erkranken, benötigen meist aufgrund einer Tumorentfernung oder Brustabnahme eine Rekonstruktion. Die Brust wird im Rahmen derselben im Sinne der Form und Ästhetik wiederhergestellt – mit Implantaten oder Eigengewebe. Man sollte mit der Betroffenen alles genau besprechen, ihre Vorlieben berücksichtigen und die Bedingungen sowie ihre Erwartungen beachten. Alles muss ausführlich besprochen werden. Es kommt auf die Größe an, aber auch auf die Planung der Therapie. Alles hängt davon ab, ob man den Aufbau sofort oder zu einem späteren Zeitpunkt macht, ob noch eine Chemotherapie gemacht werden sollte usw. Das alles ist individuell verschieden.

Ist eine komplette Abnahme immer nötig oder wird sie nicht in allen Fällen vorgenommen? Raten Sie Ihren Patientinnen zu einer Abnahme?

Eine komplette Abnahme ist nicht immer nötig. Es gibt ja auch die brusterhaltende Therapie, in deren Rahmen der Tumor entfernt und die Brust erhalten wird. Da ist in einigen Fällen möglich, in manchen leider nicht. Wenn es nicht möglich ist und die Brust abgenommen werden muss, kann man sich überlegen, welche die beste Rekonstruktionsmethode für die Patientin ist. Es kommt immer auf das Risikoprofil an – Hochrisikopatientinnen, bei denen ein sehr aggressiver Tumor vorliegt oder bei denen die Familienanamnese positiv ist, sollte man die Abnahme ans Herz legen.
Mitunter reichen die Tumorentfernung und eine anschließende Chemo- und Strahlentherapie nicht aus, um sämtliche Krebszellen zu töten. Oftmals „schlafen“ diese einige Jahre, um danach die Krankheit erneut zum Ausbruch zu bringen. Es ist natürlich eine Frage von Aufklärung und Philosophie, was man Brustkrebspatientinnen rät. Die Methoden, die uns heutzutage zur Verfügung stehen, erlauben uns eine vollständige Wiederherstellung der weiblichen Brust, weshalb keine Frau mehr nach einer Amputation Angst vor lebenslanger Entstellung haben muss. Aber für mich ist es nicht zwangsläufig die Methode der Wahl.

Welche Methoden stehen diesbezüglich zur Verfügung?

Fachärzte für Plastische, Ästhetische und Rekonstruktive Chirurgie erlernen im Rahmen ihrer Facharztausbildung den Brustaufbau mittels autologem, also körpereigenem Gewebe und Implantaten. Wir sehen die Patientinnen nicht selten nach erfolgter Amputation, also mit Quernarbe und ohne Brustwarze.
Empfehlenswert wäre, dass die betreuenden Ärzte nach erfolgter Diagnose mit Plastischen Chirurgen zusammenarbeiten, alle Verfahren mit der Patientin besprechen und genau abwägen, was sich für sie eignet. Man kann die Brustabnahme sowie ihre Rekonstruktion durchaus in einem Eingriff durchführen. Die Entfernung des Brustdrüsengewebes sollte idealerweise so erfolgen, dass der Operateur einen Hautmantel stehen und die Brustwarze histologisch auf Krebszellen untersuchen lässt. Ist das Gewebe krebsfrei, kann auch die Brustwarze erhalten bleiben.

Bitte erläutern Sie die Methoden im Einzelnen.

Zunächst einmal muss man schauen, ob nur eine Brust betroffen ist oder beide. Je nach Größe reduziert man beim Aufbau entweder die noch vorhandene Brust, um sie der rekonstruierten anzupassen oder passt die rekonstruierte der nicht amputierten an.
Die Wiederherstellung mit Eigengewebe oder Eigengewebsrekonstruktion erfolgt zum Beispiel mit Gewebe (Muskel und Fett) vom großen Rückenmuskel, dem Musculus lattissimus dorsi. Es handelt sich dabei um eine elegante Methode, die den Einsatz von Implantaten erlaubt. Die Narbe kann man im BH oder Bikini verschwinden lassen und die Auswirkungen auf die Patientin sind minimal, da sie praktisch keinen Ausfall hat. Der Latissimus-dorsi-Lappen wird gestielt, um seine Blutversorgung zu gewährleisten, das heißt, er wird nicht einfach „herausgeschnitten“, sondern ist mit Gefäßen verbunden. Außerdem wird er innerviert, schließlich soll die Betroffene ein möglichst normales Körpergefühl zurückerlangen. Der Einsatz von Implantaten ermöglicht uns, symmetrischere Ergebnisse zu erzielen. Um Muskelkontraktionen in der Brust zu vermeiden, ist eine Denervation nötig.
Der gestielte TRAM-Lappen sowie die Weiterentwicklung desselben, der DIEP-Lappen, werden aus dem Unterbauch gewonnen. Es handelt sich um Muskel-Unterhautlappen, deren Entnahme eine Schwächung der Bauchdecke zur Folge haben kann. Des Weiteren kann eine ausreichende Durchblutung nicht immer gewährleistet werden. DIEP-Lappen erfordern ein Monitoring und sollten nur in Einrichtungen operiert werden, die das gewährleisten können. Blutgefäße müssen präpariert und im Brustbereich neu angeschlossen werden, was mikrochirurgische Kenntnisse voraussetzt.
Es besteht außerdem die Möglichkeit, Lappen aus dem Oberschenkel oder der Gesäßregion zu verwenden.

Gibt es Alternativen zu den genannten Methoden?

Als Alternative zur Lappentechnik hat sich die Rekonstruktion mit Expander und Implantat etabliert. Dabei werden die verbliebene Haut und Muskeln mittels Expander gedehnt, um nach einigen Monaten ein Implantat einzusetzen. Danach werden Brustwarze und Warzenvorhof aus körpereigenem Gewebe wiederhergestellt. Außerdem besteht die Möglichkeit, mit Hilfe einer Gewebematrix und eines Implantats die Brust zu rekonstruieren. Man bildet eine Art Tasche, in die das Implantat eingelegt wird und integriert eine Gewebematrix zur Stabilisierung des Weichteilgewebes. Das Resultat ist nicht ganz so natürlich, aber der Eingriff selbst erfordert eine geringere Erholungsphase. Die Gewebematrix wird an der Brustunterfalte sowie an der Brustmuskulatur fixiert und erfordert nicht in allen Fällen eine Vordehnung mittels Expander. Diese Art der Rekonstruktion eignet sich allerdings nur für einen Sofortaufbau.

Was raten Sie Patientinnen, die die Diagnose Brustkrebs erhalten haben?

Es ist durchaus verständlich, dass dieses Thema heikel und mit großen Ängsten verbunden ist. Oftmals sind die Betroffenen überfordert, wollen so schnell wie möglich mit einer Behandlung beginnen und krebsfrei werden. Natürlich ist die Therapie abhängig von der Tumorgröße und auch davon, ob es sich um einen genbedingten Tumor handelt.
Frauen mit familiärer Belastung rät man immer zur vollständigen Abnahme beider Brüste. Diese Patientinnen würden von einem Sofortaufbau enorm profitieren, da es für die Psyche von großer Wichtigkeit ist, mit Brüsten aus der Narkose aufzuwachen. Andere wiederum lassen nach erfolgter Chemotherapie den Tumor entfernen und erhalten danach eine Strahlentherapie. Ich halte das für problematisch, da das verbliebene Brustgewebe meist extrem auf die Nachbestrahlung reagiert. Es wird hart und verändert sich.
Man sollte die Therapie immer individuell auf die Patientin abstimmen und sie über alles genauestens aufklären. Deshalb ist die interdisziplinäre Zusammenarbeit mit Plastischen Chirurgen aus meiner Sicht unabdingbar.
Natürlich gibt es auch Patientinnen, die einfach nur die Gewissheit haben möchten, dass der Krebs entfernt wurde und die auf eine Brustabnahme durchaus positiv reagieren. Das Thema ist ein äußerst individuelles, weshalb Patientinnen immer von Fachleuten aufgeklärt und behandelt werden sollten. Auch nach Jahren ist eine Brustrekonstruktion noch möglich, das Alter ist diesbezüglich keine Grenze. Wichtig ist, das zu tun, was für die Patientin das Beste ist und sie in alle Entscheidungen miteinzubeziehen.

Prof. Dr. Christine Radtke ist Leiterin der Klinischen Abteilung für Plastische und Rekonstruktive Chirurgie am AKH Wien.

Nähere Informationen:
www.meduniwien.ac.at/hp/plastsurg/

Ein Gesundheitsbeitrag von Mag. Sonja Streit.

 
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