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Adoption

Ein Tipp des 55PLUS-Rechtsexperten RA Dr. Wolfgang Punz.
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Adoption

Hans und Gertrude haben folgendes Anliegen:
Neben einer gemeinsamen Tochter hat Gertrude aus erster Ehe einen 10-jährigen Sohn. Die erste Ehe ist schon kurz nach der Geburt aufgelöst worden, vor 7 Jahren hat sie dann wieder geheiratet. Hans hat zu seinem Stiefsohn eine enge Beziehung und überlegt jetzt, ob er ihn nicht adoptieren kann. Ist das möglich?


Ja, prinzipiell ist das möglich, allerdings sind mehrere Voraussetzungen und Vorschriften zu beachten und bedarf der Adoptionsvertrag einer gerichtlichen Bewilligung, die nur unter bestimmten Umständen erteilt werden kann.
Die Annahme eines Adoptivkindes kann durch ein Ehepaar (nur gemeinsam) oder durch eine Einzelperson erfolgen. Der jeweilige Adoptivelternteil tritt an die Stelle des entsprechenden leiblichen Elternteils.
Nach der Rechtsprechung ist Zweck der Adoption, elternlose Kinder, Kinder aus zerrütteten Familien oder von Eltern, die aus irgendeinem Grund eine geeignete Erziehung ihrer Kinder nicht gewährleisten oder denen sogar Kinder unerwünscht sind, der Erziehung und Sorge geeigneter und verantwortungsbewußter Menschen zu übergeben. Im Vordergrund steht somit das Wohl des Kindes und die Herstellung eines Eltern - Kind - Verhältnisses.

Welche Voraussetzungen gibt es?
· Unbedingte Voraussetzung ist die begründete Aussicht, dass zwischen den Annehmenden und dem Wahlkind eine dem Verhältnis zwischen leiblichen Eltern und Kindern entsprechende Beziehung besteht oder hergestellt werden soll. Die Adoption muss dem Wohl des nicht volljährigen Kindes dienen. Bei volljährigen Kindern muss auch zusätzlich ein gerechtfertigtes Anliegen vorliegen.
· Es darf kein entgegenstehendes "überwiegendes Anliegen" eines leiblichen Kindes des/der Annehmenden geben - etwa Gefährdung von Unterhalt oder Erziehung leiblicher Kinder, wirtschaftliche Interessen der leiblichen Kinder (z. B. Schmälerung der Erbquote) sind grundsätzlich nicht berücksichtigt.
· Es dürfen keine Vorstrafen bestehen (gilt für alle in der Hausgemeinschaft lebenden Personen)
· Persönliche, soziale, gesundheitliche und finanzielle Rahmenbedingungen müssen stimmen.
· Mindestalter und weitere Voraussetzungen

Mindestalter erforderlich? Dürfen nur Ehepaare adoptieren?
· Mindestalter der Adoptiveltern/Annehmenden:
Der Mann muss mind. 30 Jahre und die Frau mind. 28 Jahre alt sein. Eine Unterschreitung dieser Mindestaltersgrenze ist dann zulässig, wenn entweder ein Ehepaar gemeinsam oder ein Ehegatte das leibliche Kind des anderen Gatten annimmt (wie bei Hans und Gertrude)
· Altersunterschied: Der/Die Annehmende muss mindestens 18 Jahre älter als das Adoptivkind sein. Ist das Adoptivkind ein leibliches Kind des Ehegatten des/der Annehmenden oder mit dem/der Annehmenden verwandt, genügt ein Altersunterschied von 16 Jahren. Der Altersunterschied sollte aber auch nicht zu groß sein (Anhaltspunkt: 40 Jahre).
· Adoptivkinder werden in der Praxis vorzugsweise an Ehepaare vermittelt, obwohl das Jugendwohlfahrtsgesetz nicht verlangt, dass Adoptiveltern verheiratet sein müssen.
· Die gerichtliche Bewilligung hängt von Zustimmungen ab:
· Die zukünftigen Adoptiveltern müssen beide der Adoption ausdrücklich zustimmen, also auch der Stiefvater Hans (der zum Adoptivvater wird).
· Ebenfalls zustimmen müssen die leiblichen Eltern (wenn das Kind minderjährig ist), in diesem Fall neben der Mutter auch der leibliche Vater.

Was ist, wenn der leibliche Vater etwas dagegen hat, wenn sein Kind von einem Anderen adoptiert wird?
"Kindesenteignung"
(nach Ostheim, Kennt das österreichische Adoptionsrecht eine "Kindesenteignung", JBl 1966, 113)
Das Gesetz kennt tatsächlich eine Möglichkeit, die Zustimmung des Elternteiles durch Gerichtsentscheidung zu ersetzen (§ 181 Abs 3 ABGB), wenn die Weigerung, der Adoption zuzustimmen „nicht gerechtfertigt ist“.

Nach der oberstgerichtlichen Judikatur ist von der gerichtlichen Ersetzungsbefugnis nur restriktiv Gebrauch zu machen.

Grundsätze der OGH-Judikatur:
1. Keine Kindesannahme gegen die „wohl begründete Meinung“ der Person, die durch die Adoption in ihren Rechten tiefgreifend betroffen wird

2. Um die Weigerung als nicht gerechtfertigt zu betrachten, genügt nicht, dass in der Familie des Annehmenden dem Kind bessere Lebensverhältnisse geboten werden. Im Zweifel ist die Weigerung als gerechtfertigt zu betrachten

3. Andererseits ist der Wunsch des Elternteils um Kontakte und Bindung zu seinem Kind ist kein absolut gerechtfertigter Weigerungsgrund, die Adoption muss aber für das Kind dann geradezu notwendig sein.

4. Wenn jedoch schuldhafte Pflichtverletzungen des Elternteils gegenüber dem Kind (bei der Pflege und Erziehung oder der Unterhaltsgewährung) vorliegen, wodurch das Kindeswohl gefährdet wurde oder ohne Hilfe von anderer Seite gefährdet gewesen wäre, ist die Weigerung nicht gerechtfertigt.

Eine solche Situation führt leider sehr oft zu erbitterten Streitigkeiten, die von Gericht und Anwälten nur mit Mühe und entsprechend hohen Kosten gelöst werden können.

Wie läuft eine Adoption ab?

In groben Zügen:

Zu aller erst Kontaktaufnahme mit
· der Jugendabteilung der jeweiligen Bezirkshauptmannschaft oder
· dem Magistrat
· in Wien: dem Amt für Jugend und Familie
zu einem Informationsgespräch.

Dann kommt es zum Bewilligungsverfahren, in dem die Eignung durch die Behörde geprüft wird.

Die Adoption kommt durch schriftlichen Vertrag zwischen dem/der Annehmenden und dem Wahlkind und durch die nachfolgende gerichtliche Bewilligung zustande.

Das zuständige örtliche Pflegschaftsgericht ist das Bezirksgericht am Wohnort des Kindes. Das Gericht hat alle Adoptionsvoraussetzungen zu prüfen und zusätzlich die vorgeschriebenen Zustimmungen einzuholen und Anhörungen durchzuführen (unter anderem mit dem Kind, den Eltern, dem Jugendwohlfahrtsträger

Natürlich sind auch Dokumente notwendig:
Alle Geburtsurkunden, Heiratsurkunden, Meldezettel, Staatsbürgerschaftsnachweise, usw.
Einverständniserklärung der leiblichen Eltern und der zukünftigen Geschwister

Die Wirksamkeit der Adoption beginnt im Falle der Bewilligung durch das Gericht mit dem Zeitpunkt der vertraglichen Willenseinigung (Vertragsabschluss).

Auswirkungen im Erbrecht:
Durch die Adoption entstehen zwischen dem Annehmenden und dessen Nachkommen einerseits, und dem Wahlkind die gleichen Rechte, wie sie durch eheliche Abstammung begründet werden. Das Adoptivkind ist also gesetzlicher Erbe und Pflichtteilsberechtigter und wird auch verwandter seiner (Stief)geschwister.

Darüber hinaus bleibt das Erbrecht zwischen dem Adoptivkind und seinen leiblichen Eltern aufrecht, das Adoptivkind ist also doppelt erbberechtigt.

Die Unterhaltsverpflichtung der leiblichen Eltern ruht, solange die Adoptiveltern in der Lage sind, für das Kind zu sorgen.

Über das Erbrecht und die Unterhaltspflicht hinaus erlöschen alle sonstigen rechtlichen Ansprüche des Adoptivkindes gegenüber den leiblichen Eltern. Dies bedeutet beispielsweise, dass ein Adoptivkind bei Tod seiner leiblichen Eltern keinen Anspruch auf eine allfällige Waisenrente hat.

Vorsicht bei Adoptionsvermittlung!
Diese darf nur vom Jugendwohlfahrtsträger oder von anerkannten privaten Trägern, die für die Adoptionsvermittlung im jeweiligen Bundesland zugelassen sind, durchgeführt werden. Informationen (auch zu privaten Adoptionsvermittlungsstellen) erteilt der jeweilige Jugendwohlfahrtsträger.

Die Einhebung eines Entgelts für die Vermittlung ist unzulässig und ab 1. Mai diese Jahres strafbar!

Seit 1. 5. 2004:
Verbotene Adoptionsvermittlung (StGB)
§ 194. (1) Wer bewirkt, dass eine zustimmungsberechtigte Person gegen Gewährung eines Vorteils für sich oder einen Dritten der Adoption einer minderjährigen Person durch eine andere Person zustimmt, ist mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren zu bestrafen.
(2) Handelt der Täter, um sich oder einem Dritten einen Vermögensvorteil zu verschaffen, so ist er mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren zu bestrafen.
(3) Annehmende und Wahlkinder, zwischen denen die Adoption vermittelt wird, sind nicht als Beteiligte (§ 12 StGB) zu bestrafen.

Beruht auf "Übereinkommen über die Rechte des Kindes betreffend den Verkauf von Kindern, die Kinderprostitution und die Kinderpornographie. Es sollen unstatthafte Vermögens- oder sonstige Vorteile im Zusammenhang mit einer Adoption ausgeschlossen werden.
Ausschlaggebend ist, dass vom Berechtigten die Zustimmung wegen des gewährten Vorteils erteilt, das Kind also regelrecht „verkauft“ werden soll. Wer in dieser Hinsicht auf eine zustimmungsberechtigte Person einwirkt, also ihre Zustimmung zur Adoption bewirkt, macht sich strafbar. Bedingter Vorsatz genügt.
im Zusammenhang mit der Adoption allenfalls vereinbarte Zuwendung an das anzunehmende Kind selbst kann den Tatbestand nicht erfüllen.
Strengere Bestrafung für denjenigen, der für die Einwirkung auf zustimmungsberechtigte Personen für sich oder einen Dritten einen finanziellen Vorteil anstrebt.

Weiters verwaltungsstrafrechtlich verpönt nach den Landesjugendwohlfahrtsgesetzen.

Ein Tipp des 55PLUS-Rechtsexperten RA Dr. Wolfgang Punz.


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