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650 Jahre Österreichische Nationalbibliothek

Einzigartige Jubiläumsausstellung im Prunksaal der Österreichischen Nationalbibliothek.
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650 Jahre Nationalbibliothek
„SCHATZKAMMER DES WISSENS“

Die Österreichische Nationalbibliothek feiert heuer ihr 650-Jahr-Jubiläum. Sie ist damit eine der ältesten und bedeutendsten Bibliotheken der Welt. Als Gründungscodex gilt das im Jahr 1368 fertig gestellte in Goldlettern geschriebene, reich illustrierte kostbare Evangeliar des Johannes von Troppau, das heute als Gründungscodex der Bibliothek gilt.

Die Jubiläumsschau „Schatzkammer des Wissens“ im Prunksaal lädt zu einer Reise durch 650 Jahre Kultur- und Bibliotheksgeschichte ein, wie sie kaum eine andere Bibliothek zu erzählen weiß. Über 170 wertvolle Objekte wie Prachthandschriften, seltene Frühdrucke und Musiknoten, kostbare Landkarten, Fotos und Grafiken erzählen dabei nicht nur die Geschichte der Bibliothek selbst, sondern auch die Geschichte Österreichs und die Geschichte der Medien von den Papyri der alten Ägypter bis in die digitale Gegenwart.

Das Evangeliar des Johannes von Troppau ist ein wahres Juwel: In Gold geschrieben, mit aufwändigen Initialen und Miniaturen versehen und von einem Prachteinband umgeben. Es zählt  zu den wertvollsten Beständen der Österreichischen Nationalbibliothek. Am Ende der insgesamt 189 Pergamentblätter, die alle vier Evangelien des Neuen Testaments versammeln, führte der Schreiber nicht nur seinen Namen und seine kirchlichen Ämter an, sondern auch das Jahr 1368, in dem er das Werk vollendet hat. Neben der überlieferten Jahreszahl lassen die an den Blatträndern dargestellten Wappen (Österreich, Steiermark, Kärnten, Tirol) darauf schließen, dass das Evangeliar im Auftrag von Herzog Albrecht III. von Österreich geschaffen wurde. Die prachtvolle Handschrift gilt daher als der Beginn der habsburgischen Büchersammlungen und als Gründungscodex der Österreichischen Nationalbibliothek. 1444 gelangte die Handschrift  in den Besitz von Friedrich III. Seine Büchersammlung kann als Kernbestand der späteren Hofbibliothek angesehen werden. Darunter befand sich auch die ausgestellte kostbare Prachtabschrift der Goldenen Bulle aus der Zeit um 1400 -  eines der wichtigsten Rechtsdokumente des Heiligen Römischen Reiches und wurde 2013 von der UNESCO in die Liste des Weltdokumentenerbes aufgenommen.

Ein auf den ersten Blick unscheinbares Stimmbuch mit einem kleinen Fugger-Wappen ist in der Ausstellung der Einstieg in die spannende Geschichte über eine der umfangreichsten Erwerbungen des 17. Jahrhunderts. Damals musste die verarmte Augsburger Handelsfamilie der Fugger ihre 15.000 Bände umfassende Büchersammlung verkaufen. Kaiser Ferdinand III. erwarb sie für seine Hofbibliothek um ein Schnäppchen von nur 15.000 Gulden – obwohl der Schätzwert 40.000 Gulden betrug.

Bedeutend für die weitere Entwicklung war die Anregung von Hofbibliothekar Hugo Blotius: Von allen Büchern, die mit einem kaiserlichen Privileg gedruckt werden, soll ein Exemplar kostenlos an die Bibliothek gehen. Daraus entstand im 17. Jahrhundert die sogenannte Pflichtablieferung, die heute im Mediengesetz geregelt ist und dafür sorgt, dass jedes in Österreich erscheinende Druckwerk für alle Zeiten in der Österreichischen Nationalbibliothek aufbewahrt wird.

1780 wurde der erste Zettelkatalog der Bibliotheksgeschichte erstellt: Alle Bücher  wurden auf insgesamt 300.000 Zetteln erfasst und alphabetisch nach AutorInnen in 205 sogenannten Kapseln geordnet. Das Original dieses ältesten Zettelkatalogs hat sich erhalten, eine „Kapsel“ ist in der Ausstellung zu sehen.

Bis ins 19. Jahrhundert waren im Prunksaal mit seinen Seitenkabinetten sämtliche Handschriften, Frühdrucke, Druckschriften, Landkarten, Globen, Musikhandschriften, Notendrucke, Autografen, Handzeichnungen und Druckgrafiken der Hofbibliothek untergebracht. Zu den wertvollsten Beständen gehörte damals wie heute die Bibliothek des Prinzen Eugen von Savoyen. Sie umfasste nicht nur rund 15.000 Bücher, die heute im Mitteloval des Prunksaales aufgestellt sind, sondern auch ein Unikat von Weltrang: die ab 1. November im Original zu sehende Tabula Peutingeriana. Diese mittelalterliche Kopie einer antiken Straßenkarte steht seit 2007 auf der Liste des UNESCO-Weltdokumentenerbes. Die Bibliothek des Prinzen wurde wie alle rund 200.000 Bände des Prunksaal im Rahmen des Projektes Austrian Books Online digitalisiert, gemeinsam bilden sie die reale wie die virtuelle „Kulisse“ der Jubiläumsausstellung.

Franz I. war ab 1806 nicht nur der erste Kaiser Österreichs, sondern auch der erste Habsburgerkaiser, der systematisch Kunstblätter sammelte. Matthias Schmutzer wurde von ihm eigens als Hofbotanikmaler angestellt. In 30 Jahren hielt der Künstler rund 1.300 Pflanzen der kaiserlichen Gärten in prachtvollen Aquarellen fest. Schmutzer war aber auch als Tiermaler für den Kaiser tätig und porträtierte Elefanten, Tiger und andere exotische Tiere der Menagerie in Schönbrunn, die er in fantastische Landschaften setzte. Die Ausstellung zeigt einige seiner farbenprächtigen Arbeiten im Original.

1878/79 wurden in Ägypten per Zufall umfangreiche antike Papyrusdepots gefunden. Der Orientalist Josef von Karabacek erkannte die hohe Bedeutung dieser Entdeckung und ließ rund 10.000 Papyri nach Wien bringen. 1883 erwarb Erzherzog Rainer diese Sammlung, die er erweiterte. 1899 schenkte er sie seinem Onkel Kaiser Franz Joseph I., der sie wiederum als Spezialsammlung in die mittlerweile von Karabacek geleitete Hofbibliothek eingliederte. Deshalb kann die Jubiläumsausstellung so unterschiedliche Objekte zeigen wie die Akten des Konzils von Ephesos in koptischer Sprache und ab Mitte September den Brief einer wohlhabenden Muslimin aus Kairo, die im 12. Jahrhundert ihrem Ehemann Untreue vorwirft; letzteres ist ein außergewöhnlich frühes Beispiel für die schriftliche Formulierung von Emotionen. Heute zählt die Papyrussammlung mit über 180.000 Objekten weltweit zu den größten ihrer Art und wurde daher 2001 in die UNESCO-Liste des Weltdokumentenerbes aufgenommen.

Zu sehen sind auch Musiknoten und Kartenwerke. Der Musikliebhaber Moritz Graf von Dietrichstein war ab 1826 Präfekt der Hofbibliothek. Er sorgte für die Überstellung des Archivs der kaiserlichen Hofmusikkapelle in die Hofbibliothek. Seinem Engagement sind auch Josef Haydns Autograf von „Gott! Erhalte“ und die ab 30. März ausgestellte Partitur von Mozarts „Requiem“ zu verdanken. Dieser Grundstein der späteren Musiksammlung wurde im 19. und 20. Jahrhundert um zahlreiche Nachlässe, Originalhandschriften und Dokumente - etwa von Richard Strauss und Alban Berg - erweitert. Heute ist die Musiksammlung der Österreichischen Nationalbibliothek eine der historisch bedeutendsten Musikbibliotheken der Welt. In der Jubiläumsausstellung sind unter anderem Musikhandschriften von Gustav Mahler und Anton Bruckner zu entdecken.

Ebenfalls im 19. Jahrhundert begann man an der Hofbibliothek, die seit dem 16. Jahrhundert erworbenen Kartenwerke systematisch zu erfassen und zu ordnen. Im 20. Jahrhundert erkannte man schließlich die Bedeutung topografischer Ansichten als Quelle für die raumbezogene Forschung. Die Basis bilden die sogenannten „Vues“ der ehemaligen Hofbibliothek, darunter die berühmte Serie der Donauansichten von Jakob Alt, die 2014 in die UNESCO-Liste „Memory of Austria“ aufgenommen wurde und während des Jubiläumsjahres mehrere unterschiedliche Ansichten ausgestellt sind.
Der Erste Weltkrieg bedeutete eine Zäsur für die Hofbibliothek. Mit dem Untergang des Habsburgerreiches wurde aus der zentralen Bibliothek des österreichischen Kaiserreiches die Nationalbibliothek der Ersten Republik. Und mit dem „Anschluss“ Österreichs am 12. März 1938 begann eines der dunkelsten Kapitel in der Geschichte der Österreichischen Nationalbibliothek, die in der Ausstellung ebenfalls dokumentiert wird.

Nach 1945 wurde das Haus  in „Österreichische Nationalbibliothek“ unbenannt und das Instituts für Restaurierung gegründet, das für die Konservierung und Restaurierung der Bibliotheksbestände zuständig ist. Eine der Vitrinen zeigt, wie der wertvolle Bestand erhalten und der historische Zustand des Originals bewahrt wird. Die grundsätzlichen Aufgaben der Österreichischen Nationalbibliothek sind (mit unterschiedlichen Schwerpunkten) über die Geschichte hinweg gleich geblieben: Sammeln, Bewahren, Dokumentieren, Vermitteln und Forschen.

Die Jubiläumsausstellung „650 Jahre Österreichische Nationalbibliothek: Schatzkammer des Wissens“ ist bis 13. Jänner 2019 im Prunksaal der Österreichischen Nationalbibliothek zu sehen.

Österreichische Nationalbibliothek
A-1010 Wien, Josefsplatz 1
www.onb.ac.at

Ein Ausstellungs- & Kulturtipp von Edith Köchl.

 
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