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Studie Uni Zürich: Ursachen des eskalierenden Investitionsverhaltens

Entwicklung des Zielablösungsverhaltens über die Lebenspanne hinweg.
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Entwicklungspsychologische Studie der Universität Zürich: Entwicklung des Zielablösungsverhaltens über die Lebenspanne hinweg

Im Laufe unseres Lebens streben wir nach unzähligen Zielen. Um diese Ziele zu erreichen, müssen wir Ressourcen (Zeit, Geld, Kraft, etc.) investieren. Deshalb binden wir uns an sogenannte “Investitionsprojekte“, die sich über mehrere Jahre, wie bei einer Weiterbildung, oder wenige Minuten, wie beim Schlange stehen vor einer Kasse, erstrecken. Hin und wieder kann es jedoch vorkommen, dass das ursprüngliche Ziel keinen Nutzen mehr hat oder unerreichbar geworden ist. Unter diesen Umständen ist es von Vorteil, sich von dem Ziel loszulösen. Dies scheint uns allerdings vor allem dann schwer zu fallen, wenn wir schon Zeit und Geld in das Ziel investiert haben. So kommt es immer wieder vor, dass Ziele trotz geringer Erfolgsaussichten weiterverfolgt werden und somit gutes Geld schlechtem hinterhergeworfen wird. Schon seit den 70er-Jahren versuchen Psychologen die Ursachen dieses eskalierenden Investitionsverhaltens zu ergründen.

Mittlerweile deuten die Ergebnisse mehrerer Studien darauf hin, dass die Verlustwahrnehmung in einem engen Verhältnis zur Investitionseskalation steht. So scheint vielen die Abkehr von einem Ziel, in das man schon investiert hat, schwerzufallen, weil dadurch die bisherigen Investitionen als eindeutiger Verlust “abgebucht“ werden und der Eindruck der Verschwendung entsteht. Die tiefsitzende Abneigung gegenüber Verlusten führt zu einer erhöhten Risikobereitschaft mit dem übergeordneten Ziel, unmittelbare Verluste zu vermeiden. Statt die bisherigen Investitionen als verloren zu akzeptieren, ziehen es viele vor, das Ziel weiterzuverfolgen in der Hoffnung, die bisherigen Investitionen doch noch zu retten. Mit der Weiterführung der Investitionen geht man aber ein hohes Risiko von weiteren Verlusten ein, was in den meisten Fällen zu einer noch grösseren Verschwendung führt. Es scheint also so zu sein, dass Menschen den Verlust ihrer bisherigen Investitionen stärker gewichten als den Verlust der zukünftigen Investitionen.

© Josua Schmeitzky, Universität Zürich / Altersunterschiede hinsichtlich Wahrscheinlichkeit zur Investitionseskalation

In dieser Hinsicht interessierte uns nun besonders, wie sich das Zielablösungsverhalten über die Lebensspanne hinweg entwickelt. Hierzu legten wir in einer Onlinestudie den insgesamt 619 Teilnehmenden im Alter zwischen 18 und 92 Jahren vier unterschiedliche Investitionsszenarien vor. Weiterhin variierten wir die Höhe der vergangenen und zukünftigen Investitionen. Wie vermutet, zeigten die Teilnehmenden im Durchschnitt in allen Szenarien eine erhöhte Bereitschaft, Ziele mit geringen Erfolgsaussichten weiterzuverfolgen, je mehr dafür schon investiert wurde. In Bezug auf Altersunterschiede fanden wir, dass jüngere Erwachsene eher als mittelalte und ältere Erwachsene dazu neigen, ein Ziel mit geringen Erfolgsaussichten weiterzuverfolgen. Neben diesen Investitionsszenarien erfragten wir in einem wissenschaftlichen Fragebogen auch noch, wie leicht es den Teilnehmenden im Allgemeinen fällt, sich von einmal gefassten Zielen loszulösen. Auch hier zeigte sich, dass es mit zunehmendem Alter leichter fällt, sich von einem Ziel loszulösen.

Die Ursache dieses Altersunterschieds ist jedoch noch unklar. Bisher wurde angenommen, dass es älteren Erwachsenen leichter fällt, die bisherigen Investitionen als Verlust zu akzeptieren und damit auch die Bereitschaft zur riskanten Zielverfolgung sinkt. Unsere Ergebnisse deuten jedoch eher darauf hin, dass ältere und auch schon mittelalte Erwachsene die zukünftigen Kosten stärker berücksichtigen und sich dadurch einfacher von dem Ziel ablösen können. Zusammenfassend könnte man also sagen, dass der Alterseffekt möglicherweise dadurch entsteht, dass mittelalte und ältere Menschen wohlweislich die Verluste der Zukunft gegenüber den unmittelbaren Verlusten stärker gewichten als junge Erwachsene.

Studienautor: Josua Schmeitzky, Psychologisches Institut – Angewandte Psychologie: Life-Management, Universität Zürich.

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