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Der enttäuschte Urlauber

Ein Tipp des 55PLUS-Rechtsexperten RA Dr. Wolfgang Punz.
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MeeresbrandungDer enttäuschte Urlauber

Der konkrete Fall:
Karl aus St. Pölten war mit seiner Familie (Frau und 2 Kinder) auf Urlaub in Spanien. Gebucht wurde ein Zweibettzimmer für seine Kinder und ein angrenzendes Doppelzimmer für die Eltern, damit diese auch hin und wieder Ruhe haben. Daraus wurde leider nichts, es gab nur noch ein Vier-Bett-Zimmer, Ruhe und ungestörtes Beisammensein der Eltern waren nicht möglich.
Der Urlaub war nicht billig, Karl möchte wissen, ob er vom Reisebüro etwas zurückverlangen kann.


Es kann jedenfalls eine Preisminderung verlangt werden. Preisminderungen bei Abweichungen von der Buchung wurde schon bisher anerkannt und meist nach der sogenannten "Frankfurter Tabelle" berechnet. Diese sieht beispielsweise bei Unterbringung in einem Vierbettzimmer statt Doppelzimmer etwa 20-30% Minderung vor.
Darüberhinaus ist seit kurzem auch in Österreich ein Schadenersatz für entgangene Urlaubsfreude möglich. Grund dafür ist die Pauschalreise-Richtlinie der EU und deren Auslegung durch den EuGH in der Entscheidung C-168/00. Der EuGH stellte fest, dass bei deutlicher Beeinträchtigung der Erholung im Urlaub der Reiseveranstalter bei richtiger Auslegung der EU-Richtlinie grundsätzlich schadenersatzpflichtig ist.

Der Schadenersatz für immaterielle Schäden – also die entgangene Urlaubsfreude – ist im österreichischen Recht im § 31e KSchG geregelt. Dieser sieht vor, dass, wenn ein erheblicher Teil der vertraglich vereinbarten Leistung vom Reiseveranstalter durch ein ihm zurechenbares Verschulden nicht erbracht wurde, ein Ersatzanspruch besteht. Bei Bemessung dieses Ersatzanspruches wird hierbei auf mehrere Faktoren abgestellt, so zum Beispiel die Schwere und die Dauer des Mangels, den Verschuldensgrad, der vereinbarte Reisezweck und die Höhe des Reisepreises.

Als Grundlage für die Berechnungen dient meistens (aber nicht verpflichtend) die Frankfurter Tabelle. Diese ist recht umfassend und reicht von Mängeln bei Hotel oder Zimmerausstattung über Mängel beim Essen und beim Transport bis zu verschmutzen Stränden oder fehlender Reiseleitung. Mit sehr kleinen Mängeln muss man sich abfinden, aber schon ein fehlender Minigolfplatz kann zu 3-5% Minderung führen (natürlich nur, wenn er zugesagt war).
Leicht festzustellen sind fehlende Einrichtungen (WC, Klimaanlage, Aufzug, Swimmingpool. ..), etwas schwerer ist der Beweis von Beeinträchtigungen durch Lärm oder Ungeziefer.
Österreichische Gerichte weichen manchmal von der Tabelle ab, da sie nur eine Orientierungshilfe darstellt. Grundsätzlich bestimmt das Gericht die Höhe der Preisminderung in freiem Ermessen (§ 273 ZPO) nach allgemeiner Verkehrsanschauung. Ein Sachverständiger wird daher normalerweise nicht gebraucht.
Voraussetzung für jegliche Preisminderung ist zudem, dass die Mängel zunächst bei der zuständigen Reiseleitung am Urlaubsort gerügt werden. Zur Beseitigung sollte man eine kurze Frist setzen. Erst wenn die Mängel auch danach weiter vorhanden sind, entstehen Minderungsansprüche. Um diese vor Gericht durchzusetzen, muss der Kunde die am Urlaubsort aufgetretenen Mängel vor Gericht gegebenenfalls beweisen. Am besten lässt man sich die Mängel von der Reiseleitung vor Ort bestätigen. Zudem ist es sinnvoll, selber mögliche Beweise zu sammeln, zum Beispiel durch Foto- und Videoaufnahmen.

Die Frankfurter Tabelle zum Download: http://www.reisebueros.at/

Ein Tipp des 55PLUS-Rechtsexperten RA Dr. Wolfgang Punz.


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